Am Anfang
2020
Mit AM ANFANG befragen Marc Sinan und Kettly Noël religiöse Schöpfungsmythen aus Westafrika und Europa über die Entstehung der Welt. Die Künstler:innen konfrontieren traditionelle und religiöse Musik aus Mali mit zeitgenössischer europäischer Musik und erzählen mit verschiedenen Instrumenten, Gesang und einer Performance eine fragmentierte Schöpfungsgeschichte. Im Hintergrund laufen Interviews wissenschaftliche die in zufälliger Reinfolge und Anordnung abgespielt werden und so einen immer neuen Kontext schaffen.
Die transkulturelle Musikperformance führt das Djiguiya Orchestra aus Bamako mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart und der internationalen Marc Sinan Company zusammen. Kettly Noëls und Deva Schuberts eindringliche körperliche Performance und die raumgreifenden Videoinstallationen lassen es zu einem immersiven Gesamtkunstwerk werden.
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Am Anfang spiegelt die Erfahrung wider, dass die Welt in der wir leben absurd ist und damit auch die Geschichten die über sie geschrieben werden. Wir wissen zwar grundsätzlich, dass es unterschiedliche Theorien zu unserer Existenz gibt, richten uns aber trotzdem gerne in unseren Bubbles ein. Unser Dasein ist zu komplex um es ganzheitlich zu verstehen und über den Tellerrand zu blicken, fällt uns oft schwer.
Manche Menschen glauben, Gott hätte die Welt geschaffen, andere an den Urknall und die Wissenschaft. Für die Peulh, eine Volksgruppe aus Mali entstand die Welt aus einem Tropfen Milch; Unter den Dogon aus Westmali gibt es die Erzählung eines Zwilling Paars, das ungeduldig aus dem Mutterleib gefallen ist, wobei ein Stück Plazenta aus ihr herausfiel, was zur Erschaffung der Erde führte. Das dogonische Volk ist konträr zu dem phantasiereichen Mythos, seit Urzeiten in Besitz von astronomischem Wissen, das von Wissenschaftler:innen erst am Ende des 20. Jahrhunderts bestätigt werden konnte.
AM ANFANG verdeutlicht, dass unser Wissen uns immer nur scheinbare Gewissheiten gibt, mit deren Hilfe wir uns von den „Anderen“ unterscheiden. Jede Gewissheit ist nur ein weiterer Beweis für die Begrenztheit aller menschlichen Wahrnehmung und Einsicht. Wir sind eins in der Erkenntnis, dass jede Sicht auf die Welt nur ein singuläres, anthropozentrisches Fragment der Wirklichkeit abbildet. Das, was wirklich ist, ist größer.
150 Videofragmente, die aus Gesang, Text, Tanz und wissenschaftlichen Interviews bestehen, werden von einem Algorithmus ausgewählt, der eine immer neue Zusammenstellung schafft und begleiten die live Performances. Die Fragmente stehen damit für alle Betrachter:innen in einem anderen Kontext und stellen dar, wie unsere Glaubenskonstrukte mit unseren unterschiedlichen Lebenserfahrungen zusammenhängen – wie Wissenschaft, neben Religion und Aberglaube existiert und wie das eine das andere beeinflusst.
AM ANFANG ist außerdem auch als Audiovisuelle VR-Installation erlebbar. Auf der Suche nach dem Anfang der Welt können sich Zuseher:innen frei in einem virtuellen Raum bewegen, der unzählige audiovisuellen Perspektiven ermöglicht. Keine von ihnen ist allumfassend. Wie unsere eigene selektive Wahrnehmung verändert sich die Erfahrung bei jeder neuen Wiedergabe und bietet damit allen Besucher:innen ein einmaliges Erlebnis.
Marc Sinan
Gitarre
Klarinette
1h 34min
Hauptstadtkulturfond
YMUSIC Publishing
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Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
„Am Anfang vereint dabei so ziemlich alles, was sich der Komponist und Gitarrist in den vergangenen Jahren zur Spezialität gemacht hat: politische und diskursive Aktualität, transkulturelle Fragestellungen und transdisziplinäres Arbeiten, eine radikal zeitgenössische, vielschichtige, avantgardistische musikalische Sprache – und eine tiefe persönliche Verbindung zu den Themen, die er behandelt.“
Hannah Schmidt für Die Zeit am 17. Februar 2022
Marc Sinan
Künstlerische Leitung & Komposition
Andrea Molino
Musikalische Leitung & Musikdramaturgie
Kettly Noël
Choreografie & Tanz
Maike Wetzel, Holger Kuhla
Dramaturgie
Adrian Figueroa
Ausstattung & Video
Salia Malé
Wissenschaftliche Beratung
Deva Schubert, Sterlin Tataille
Tanz
DJIGUIYA ORCHESTRA
Lassine Koné Kamale Ngoni
Habib Sangaré Bolon, Kalebasse
Joel Diarra Balafon
MARC SINAN COMPANY
Oğuz Büyükberber Klarinette
Daniel Eichholz Schlagzeug
Marc Sinan Gitarre
NEUE VOCALSOLISTEN STUTTGART
Johanna Vargas Sopran
Truike van der Poel Mezzo Sopran
Martin Nagy Tenor
Guillermo Anzorena Bariton
Andreas Fischer Bass
Bocar Amadou Fanara, Hamadoun Kassogué, Amenophis Imaka Traoré, Salia Malé
Interviewpartner:innen
Eric Nikodym
Projektleitung
Wiebke Wesselmann
Projektassistenz
Rokiatou Tessougué, Pierre Dembelé
Projektassistenz Bamako
Darius Tschorn
Technische Leitung
Volker Greve / Karsten Lipp
Sound Design
Hans-Peter Eckardt
Kamera
Benedict Jancke / Tiziano Mirabella
Videotechnik
Felix Seidel
Lichtdesign
Abdallah Ag Amano / TADIAZT
Technische Betreuung Bamako / Video
Ein besonderer Dank an: Dietrich Becker, bis 2019 deutscher Botschafter in Mali & Magali Moussa, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Bamako.
Eine Kooperation der Marc Sinan Company, dem Festival DIE IRRITIERTE STADT Stuttgart und die Stiftung Humboldt Forum Berlin.
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